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09.05.2019

Rede des Oberbürgermeisters zum Europatag am Donnerstag, 9. Mai 2019

Willkommen an diesem Tag, der hier vielleicht mehr bedeutet, als andernorts auf unserem Kontinent.

Am Europatag feiern wir natürlich die Europäische Union, auch wenn hinter dem Wort Europa so viel mehr steckt. Vor allem der eigentliche Grund für diese Union.

Denn unser Kontinent war über Jahrhunderte hinweg nicht nur Motor weltweiten Fortschritts, der Wissenschaft und der gesellschaftlichen Entwicklungen, sondern auch Platz von Elend, Abgrenzung und Krieg, die schlimmsten Kriege der Menschheitsgeschichte fanden hier statt.

Im Gespräch über die Europäische Union fehlt mir heute oft der Bezug auf diese dunkle Vergangenheit, die eine der wesentlichen Motivationen für die Gründung des Bündnisses war. Dabei wäre es so wichtig, deutlich zu machen, dass Europa heute noch immer in erster Linie ein Friedensprojekt ist, und zwar ein enorm erfolgreiches.

Frieden nicht nur im Sinne von Abwesenheit des Krieges, sondern auch im Sinne von Mit-, statt Gegeneinander, von sich Kennen lernen, statt sich fremd zu bleiben, von sich gönnen, statt sich gegenseitig zu übervorteilen. Auch im Sinne von Freiheit für den Einzelnen, darüber zu entscheiden, wo und wie er leben will.

Ich bin nicht naiv. Mir ist klar, dass die EU auch als Wirtschaftsraum und als Wirtschaftsmacht von hoher Bedeutung ist. Aber ich weiß, dass die Verkürzung darauf uns die Chance nimmt, uns zu identifizieren mit unserem Kontinent.

In Kürze, am Sonntag, 26. Mai 2019 finden Europawahlen statt, übrigens auch in Groß Britannien. Ich selbst habe genug Wahlkämpfe geführt, um an den aktuellen Plakaten der verschiedenen Parteien das große Dilemma zu erkennen.

„Europa. Die beste Idee, die Europa je hatte“ oder „Zusammenhalt“: Das ist offenkundig absichtlich inhaltlich leer. Das will den Menschen gar nicht nahekommen. Das will nicht unbequem sein. Das will sympathisch aber flexibel wirken. Es zeigt eine diffuse Sorge davor, dass die Wählerinnen und Wähler Europa nicht genug mögen, um sich dafür ins Wahllokal zu bemühen.

Seien wir ehrlich: Die Europa- mit der Kommunalwahl in Brandenburg zusammenzulegen, das war keine schlechte Idee. Und bleiben wir ehrlich: Manch europäische Gesetzgebung hat in den vergangenen Jahren nicht nur Freude ausgelöst. Dass einige Mitgliedsstaaten der EU heute von ausdrücklichen Gegnern der Union aus dem rechten Lager regiert werden, spricht nicht für eine rosige Zukunft des Bündnisses. Dass mit Großbritannien eines der bedeutendsten Mitglieder mal mehr und mal weniger, mal bald und mal später, aber austreten will, das stellt vieles in Frage.

Lassen Sie mich heute als Mensch und als Oberbürgermeister ein klares Bekenntnis formulieren: Ich stehe zu Europa!

In meiner Antrittsrede vor einem Jahr habe ich formuliert, Frankfurt (Oder) möge gemeinsam mit Slubice einen Leuchtturm der Europäischen Idee bilden, den wir dringend brauchen, trotz und wegen der zunehmenden Verdunkelung ringsum. Davon habe ich nichts zurückzunehmen.

In diesem Jahr ist Polen seit 15 Jahren in der EU. Erinnern wir uns heute bitte an die Zeit davor. Frankfurt (Oder) war eine Grenzstadt am Rande der EU. Gestraft mit einem halben Umland und halben Entwicklungschancen.

Heute ist es eine Europäische Doppelstadt im Herzen des Kontinents. Dank der Europäischen Union, dank des Abbaus von Grenzen und Beschränkungen.

Es hat ein wenig gedauert, wirklich warm miteinander zu werden und zu merken: Der Andere will einem ja wirklich nur Gutes. Aber heute wissen wir das voneinander und apropos heute: In einer gemeinsamen Sitzung wollen die Stadtverordneten beider Städte einen gemeinsamen Handlungsplan beschließen, der bis zum Jahr 2030 Vorhaben und Pläne festlegt, mit denen wir nicht nur unsere Partnerschaft festigen, sondern die ohne dieses Miteinander gar nicht möglich wären.

Europa schafft Chancen, die es ohne nicht gäbe, das halte ich für einen ganz wichtigen Punkt.

Und lassen Sie mich an dieser Stelle auch den Blick etwas weiten. Frankfurt (Oder) und Slubice sind ein absolutes Dreamteam, aber keineswegs die Enden der Kooperation.

Szcezin, Poznan oder Gorzów auf der einen, der Raum bis Berlin auf der anderen Seite, das wird, wenn wir uns klug anstellen, ein Raum werden, geprägt von den Menschen auf beiden Seiten, zum gegenseitigen und zum gemeinsamen Vorteil.

Ob unser Brandenburgisches Staatsorchester oder die Europa-Universität Viadrina, um nur zwei Beispiele zu nennen, längst wird in dieser Ausdehnung gedacht und gehandelt.

Nun haben wir ja bereits einige Erfahrungen gesammelt und lassen Sie mich hier bitte auch auf die Fragen der wirtschaftlichen Entwicklung zurückkommen. Wir haben auf beiden Seiten der Oder gelernt, dass es überhaupt nichts bringt, Vorteile auf Kosten des anderen erlangen zu wollen.

Ob Frankfurt (Oder) in Beziehung zu den benachbarten Landkreisen in Deutschland oder im Hinblick auf die benachbarte Region in Polen: Alles Gute, das an einem dieser Standorte geschieht, ist auch gut für die anderen. Diese einfache Wahrheit ist es, die ich heute auch in Richtung Brüssel aussprechen will.

In unserer Region leben wir nicht nur in Europa, wir machen Europa, jeden Tag ein Stückchen mehr. Hier ist Europa, wir sind Europa! Und darauf, dass darf ich für eine Mehrzahl der Menschen auf beiden Seiten der Oder sagen, sind wir zu Recht stolz. Damit gestalten wir eine Zukunft, in der aus einer strukturschwachen Region eine Gegend wird, in der Menschen gern leben, gern arbeiten, sich gut miteinander vertragen und Europa im Herzen behalten.