Oberbürgermeister René Wilke bietet sich in Cottbus zum Gespräch an
In der öffentlichen Auseinandersetzung um einen außergerichtlichen Vergleich, den der Bergbau- und Energiekonzern LEAG im Februar 2023 mit der Stadt Frankfurt (Oder) und der Frankfurter Wasser- und Abwassergesellschaft geschlossen hat, rudert das Essener Recherchezentrum Correctiv nun wortreich zurück.
In einer gestern, am Mittwoch, 28. September 2023 veröffentlichten Mitteilung bekräftigt die Correctiv-Redaktion nun nur noch „die Kernaussagen“ ihrer Recherche und führt diese dann auf: Der Vergleich beinhalte eine Schweigeklausel, der zufolge sich Stadt und FWA auf unbegrenzte Zeit nicht mehr dazu äußern dürften, wenn Vorhaben der LEAG ihre Trinkwasserversorgung erschweren oder gefährden. Auch dürften sie nicht mehr gegen die Folgen des Cottbusser Ostsees klagen, „also ausgerechnet nicht mehr gegen das Leag-Projekt vorgehen, das aktuell und auch in Zukunft ihr Trinkwasser gefährden könnte.“
Die Vorwürfe sind im Vergleich zur ersten Correctiv-Veröffentlichung vom Samstag, 23. September 2023 deutlich geschrumpft, entbehren aber auch in dieser Form einer wesentlichen sachlichen Grundlage. Ausgangspunkt ist nämlich die offenkundige Überzeugung, dass die Flutung des Cottbusser Ostsees auch künftig die Trinkwasserqualität in Frankfurt (Oder) gefährden könnte. Genau dies ist aber nach dem Abschluss des besagten Vergleichs und der damit ermöglichten Reaktivierung des Wasserwerkes Müllrose sachlich falsch. Hier entsteht der Eindruck, es sei bei Correctiv nicht bekannt, wo die Stadt Frankfurt (Oder) geografisch verortet ist. Nämlich keineswegs im aktuellen Einzugsgebiet der LEAG, nicht in der Lausitz oder an der Spree, also außerhalb eventueller weiterer Risiken durch aktuelle Maßnahmen der LEAG.
Correctiv wiederholt in der aktuellen Mitteilung die Behauptung, der Vergleich läge der Redaktion im Wortlaut vor und fügt an, ihn aus Gründen des Quellenschutzes nicht veröffentlichen zu können. Stattdessen werden Stadt und LEAG aufgefordert, den Text herauszugeben. Die Stadt Frankfurt und die FWA haben keinerlei Einwände gegen eine Veröffentlichung des Vergleichstextes, wenn Correctiv eine entsprechende Zustimmung seitens der LEAG erwirken würde. Eine erneute kritische Prüfung der eigenen Rechtsposition zum Vergleich durch das Rechtsamt der Stadt Frankfurt (Oder) ergab eine Bestätigung der vertretenen Auffassung von FWA und Stadt.
Verzichtet wird in der aktuellen Meldung auf den unerhörten Begriff „Schweigegeld“, stattdessen schreibt Correctiv nun von einem „Schweigedeal“. Der Unterschied ist beträchtlich. Denn bei Schweigegeld handelt es sich per Definition um eine Vereinbarung von mindestens zwei Parteien, bei der Geld gezahlt wird, um im Gegenzug Schweigen zu erkaufen. Da der Vergleich zwischen LEAG sowie der Stadt Frankfurt (Oder) und der FWA allerdings beinhaltet, dass der Geldbetrag vollständig die Ertüchtigung des Wasserwerkes in Müllrose bezweckt, kann von Schweigegeld in keiner Weise die Rede sein. Es handelt sich hierbei um eine verleumderische Aussage, die offenkundige dazu diente, die Aufmerksamkeit durch unzulässige Skandalisierung und Kriminalisierung zu erhöhen. Kollateralschäden wurden dabei billigend in Kauf genommen. Die Umwandlung in „Schweigedeal“ ist allerdings ebenfalls wenig sachgerecht. Verschwiegenheit über Inhalte von Vergleichen sowie der Verzicht auf weitere Rechtsmittel in selbiger Sache im Rahmen der gesetzlichen Regelungen sind bei außergerichtlichen Vergleichen nicht nur statthaft, sondern üblich und liegen in der Natur der Sache. Nach der Lesart von Correctiv wären die überwiegende Zahl der in Deutschland geschlossenen außergerichtlichen Vergleiche unzulässige Schweigedeals.
Die Stadt Frankfurt (Oder) wiederholt an dieser Stelle erneut, dass sie sich durch den Vergleich nicht daran gebunden sieht, die Ewigkeitsfolgen des Bergbaus, die Folgen für die Sulfatbelastung im Trinkwasser oder andere Kritikpunkte, die seit gut einem Jahrzehnt vorgetragen werden, zu verschweigen. Jegliche Wasserwerte werden kontinuierlich überwacht und kritische Abweichungen inklusive potentieller Ursachen unverzüglich bekanntgegeben. So war es immer und so wird es bleiben.
Seitens der LEAG wurden gegen keine dieser öffentlichen Äußerungen der FWA, der Stadt oder des Oberbürgermeisters Rechtsmittel eingelegt.
Die Veröffentlichung der Correctiv-Recherche erfolgte am vergangenen Samstag, 23. September 2023 zeitgleich mit der Premiere des Stückes „Kraftwerk – Ein Theaterabend über Kohle, Wasser und die Ewigkeit“ auf der Kammerbühne des Staatstheaters Cottbus, das inhaltlich auf diesen Rechercheergebnissen basiert. Am kommenden Samstag, 30. September 2023 wird das Stück dort zum zweiten Mal aufgeführt. Im Anschluss daran findet eine Podiumsdiskussion unter anderem mit Personen statt, die für besagte Recherche verantwortlich sind.
Der Vorschlag von Oberbürgermeister René Wilke, ebenfalls einen Platz auf dem Podium für die Diskussion zu erhalten, wurde seitens des Theaters sofort aufgegriffen und freundlich angenommen. Er wird daher am Samstagabend zugegen sein, um öffentlich daran mitzuwirken, die bestehenden inhaltlichen Differenzen zu diskutieren und ggf. aufzulösen.
Denn im Kampf für eine sichere Trinkwasserversorgung und eine verursachergerechte Behebung sowie Finanzierung der Folgewirkungen sehen sich die FWA und die Stadt Frankfurt (Oder) weiterhin an der Seite vieler engagierter Menschen, nicht nur in der Lausitz und beim Recherchenetzwerk Correctiv.