Spende für Nichtfestival statt Verwarngeld für die Stadtkasse
In der Nacht von Freitag, 12. auf Sonnabend, 13. Juni 2020 begegneten sich der Oberbürgermeister von Frankfurt (Oder), René Wilke und der Bürgermeister der polnischen Stadt Słubice, Mariusz Olejniczak auf der beide Städte verbindenden Brücke, um die Öffnung der deutsch-polnischen Grenze nach drei Monaten COVID-19 bedingter Sperrzeit gemeinsam zu erleben. Aus der Wiedersehensfreude heraus kam es dabei zu einer herzlichen Umarmung der Stadtoberhäupter. Die Bilder davon gingen um die Welt als Symbol des Miteinanders nach einer Zeit der erzwungenen Trennung.
Die derzeit im Land Brandenburg gültige Umgangsverordnung trat erst am Montag, 15. Juni 2020 in Kraft, so dass zum Zeitpunkt der Umarmung noch die SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung vom 8. Mai 2020 in ihrer letzten Änderung vom 27. Mai 2020 galt. Neben dieser Verordnungslage und dem Infektionsschutzgesetz waren Fotos und Filmausschnitte der Wiedersehensszene die Grundlagen der Prüfung, die Oliver Fahron, Leiter des Gesundheitsamtes nun auf Bitte von Oberbürgermeister René Wilke vornahm.
Im Ergebnis kam er zu dem Schluss, dass kein zu ahndender Verstoß gegen die Verordnungslage festzustellen ist. Aus unter anderem folgenden Gründen:
Oliver Fahron: „In Abstimmung mit dem Oberbürgermeister haben wir in Frankfurt (Oder) während der zurückliegenden Monate die meisten Ordnungswidrigkeitsverfahren wegen Verstößen gegen die Eindämmungsverordnung ohne Sanktion eingestellt und anstelle der Verhängung von Geldbußen aktiv auf Einsicht und Lernprozesse eingewirkt. Mein Auftrag war nun, das Geschehen bei der Grenzöffnung ausdrücklich ohne Ansehen der Person zu prüfen. Wenn ich mit dem Oberbürgermeister nun so umgehe, wie mit allen anderen, die in den letzten Wochen gegen die Verordnungen verstoßen haben, muss ich das Verfahren ohne Sanktion einstellen.“
Oberbürgermeister René Wilke: „Ich bin froh über diese Entscheidung, weil damit eine behördlich geprüfte Einschätzung und Einordnung vorliegt. Allerdings gibt es hier nicht nur eine rechtliche, sondern auch eine politische Verantwortung, der ich mich als Oberbürgermeister verpflichtet fühle. Anstelle des Verwarngeldes, das ich nun nicht zahlen muss, habe ich entschieden, 200 Euro für das Nichtfestival ,Keena Da 2020‘ (keenada.org) zu spenden. Bei dieser guten Idee von Kulturschaffenden unserer europäischen Doppelstadt werden Tickets für nicht stattfindende Veranstaltungen verkauft. Die so gesammelten Mittel helfen direkt Künstlerinnen und Künstlern, Kultureinrichtungen und -vereinen in Frankfurt (Oder) und Słubice. Die haben in den vergangenen Wochen enorme Verluste erlitten, wir sollten uns gemeinsam dafür einsetzen, dass auch sie bald wieder für uns da sein können.“