„Wir wollten uns erst wieder treffen, wenn wir substantiell etwas zu beschließen haben“, so führte Frankfurts Oberbürgermeister Martin Patzelt in die erste gemeinsame Versammlung der Frankfurter Stadtverordnetenversammlung und des Słubicer Stadtrates seit zwei Jahren ein. Insgesamt war es die 13. gemeinsame Versammlung beider Gremien.
Höhepunkt war die Annahme einer Beschlussvorlage zur Gründung eines gemeinsamen Europäischen Verbunds für Territoriale Zusammenarbeit (EVTZ). Erst 2006 verabschiedete die Europäische Kommission die Einführung dieser neuen Rechtsform, um so die Grundlage für die Gründung grenzüberschreitender Rechtsformen zwischen Gebietskörperschaften zu ermöglichen. Bisher gibt es erst sechs Modellprojekte in ganz Europa. Davon ist Deutschland an nur einem EVTZ an der schweizerischen Grenze beteiligt.
Die Gründung eines solchen EVTZ wäre ein Durchbruch für die Deutsch-Polnische Zusammenarbeit, stünde somit zum ersten Mal in der Geschichte eine Struktur zur Verfügung, in der Teile von polnischen und deutschen Kommunalverwaltungen in einer Rechtsform verschmelzen würden.
Initiiert und vorbereitet worden ist die Beschlussvorlage durch die Marketingbeauftragten beider Städte, die im Rahmen des Aufbaus eines gemeinsamen Stadtmarketings nach einer geeigneten Rechtsform suchten. Auf Grund der vielfältigen Möglichkeiten der Rechtsform und vor allem wegen der vielfältigen Bedarfe, z.B. in den Bereichen Stadtentwicklung, Kultur-, Sport- und Verkehrsplanung, haben sich die deutschen und polnischen Kommunalpolitiker dafür ausgesprochen, die Struktur auch für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit in anderen Arbeitsfelder zu nutzen. Dennoch wird das Stadtmarketing, da am weitesten gediehen, wohl das Pilotprojekt sein, das diese Struktur weiter befördern wird. Nun müssen beide Städte eine Satzung und eine Übereinkunft formulieren, die den nationalen Regierungen im Rahmen eines Antragsprozesses übergeben werden. Oberbürgermeister Martin Patzelt und Słubices Bürgermeister Ryszard Bodziacki sind zuversichtlich, dass der Gründungsprozess noch 2010 abgeschlossen werden kann. Nach derzeitigem Stand wäre es damit die erste EVTZ in Ostdeutschland und in Polen. Marcin Jablonski, Marschall der Wojewodschaft Lubuskie, freute sich in seiner anschließenden Rede über den wegweisenden Beschluss. Obwohl diese weitreichende Beschlussvorlage vor einigen Wochen noch für zahlreiche Diskussionen im politischen Bereich gesorgt hatte, fiel die Entscheidung heute einstimmig, ohne Enthaltungen.
Ebenfalls einstimmig beschlossen die Stadtverordneten beider Städte einen gemeinsamen Frankfurt-Słubicer Handlungsplan, der die Leitlinien für die Zusammenarbeit in den Jahren 2010-2020 regelt. Im Anschluss gingen die rund 80 Teilnehmer der Sitzung gemeinsam auf die Stadtbrücke zwischen Frankfurt (Oder) und Słubice, wo Patzelt und Bodziacki vor hunderten Bürgern das erste gemeinsame Stadtfest eröffneten.